Pariser Gericht weist Antrag auf Blockade des Fast-Fashion-Giganten ab
Ein Pariser Gericht hat den Bemühungen der französischen Regierung, den chinesischen Fast-Fashion-Giganten Shein in Frankreich zu blockieren, einen schweren Schlag versetzt. Das Gericht urteilte, dass eine vorgeschlagene dreimonatige Blockade 'nicht verhältnismäßig' wäre, trotz des Verkaufs von Kinder-Sexpuppen und Waffen auf der Plattform. Das Urteil vom 19. Dezember 2025 bedeutet einen wichtigen juristischen Sieg für Shein, geht jedoch mit strengen Auflagen einher, die den Geschäftsbetrieb in Europa verändern könnten.
Die umstrittenen Produkte, die Empörung auslösten
Der Rechtsstreit begann im November 2025, als die französische Verbraucherschutzbehörde DGCCRF besorgniserregende Produkte auf Sheins Plattform entdeckte, darunter Sexpuppen, die jungen Kindern ähnelten, und verschiedene Waffen. Ein besonders schockierendes Produkt wurde in Gerichtsdokumenten als Puppe beschrieben, die einem 4-jährigen Mädchen mit einem Teddybär ähnelte und als 'Masturbationsspielzeug für Männer' für 186,94 Euro vermarktet wurde. Diese Entdeckungen führten zu sofortiger öffentlicher Empörung und veranlassten die französische Regierung, eine dreimonatige Sperrung der Shein-Website zu fordern.
Der französische Justizminister Éric Dupond-Moretti hatte zunächst erklärt: 'Wir können nicht tolerieren, dass Plattformen den Verkauf solch abscheulicher Produkte erlauben, die unsere grundlegendsten Werte verletzen.' Die Position der Regierung spiegelte die wachsenden europäischen Bedenken gegenüber unregulierten Online-Marktplätzen wider.
Begründung und Auflagen des Gerichts
Obwohl das Gericht 'schwere Schäden an der öffentlichen Ordnung' anerkannte, urteilte es, dass eine Blockade der gesamten Shein-Plattform unverhältnismäßig wäre. Die Richter stellten fest, dass die illegalen Verkäufe 'sporadisch' und 'vereinzelt' unter Hunderttausenden von Produkten auf der Plattform waren. Entscheidend war, dass Shein die anstößigen Artikel bereits entfernt und den Marktplatzbereich geschlossen hatte, in dem externe Verkäufer Produkte anbieten konnten.
Das Gericht verhängte jedoch wichtige Einschränkungen: Shein muss robuste Altersverifizierungsmaßnahmen einführen, bevor der Verkauf sexueller Produkte, die als pornografische Inhalte eingestuft werden können, wieder aufgenommen wird. Das Unternehmen riskiert Geldstrafen von 10.000 Euro für jeden Verstoß gegen diese Anforderung. 'Unsere Priorität bleibt der Schutz französischer Verbraucher und die Gewährleistung der Einhaltung lokaler Gesetze und Vorschriften,' erklärte ein Shein-Sprecher nach dem Urteil.
Breiterer Kontext: Sheins problematische Expansion in Europa
Dieser Rechtsstreit findet statt, während Shein in ganz Europa zunehmend unter Beobachtung gerät. Das Unternehmen, gegründet 2008 und jetzt mit Sitz in Singapur, ist mit einem Jahresumsatz von etwa 35 Milliarden Euro zur weltweit größten Online-Modemarke geworden. Das Ultra-Fast-Fashion-Modell – bei dem täglich Tausende neuer Styles zu Niedrigstpreisen produziert werden – hat Kritik von Umweltaktivisten und Arbeitsrechtsorganisationen auf sich gezogen.
Wochen vor der gerichtlichen Entscheidung eröffnete Shein seinen ersten physischen Laden in Paris, der sowohl begeisterte Käufer als auch wütende Demonstranten anzog. Umweltaktivisten demonstrierten vor dem Laden mit Schildern, auf denen 'Fast Fashion = Klimakatastrophe' stand, und betonten Bedenken hinsichtlich der Arbeitspraktiken und Umweltauswirkungen des Unternehmens.
Laufende Rechtskämpfe und EU-Druck
Die französische Regierung hat angekündigt, gegen die Entscheidung Berufung einzulegen, mit dem Argument, dass stärkere Maßnahmen erforderlich seien. 'Wir glauben, dass ein deutliches Signal an alle Plattformen gesendet werden muss, die unsere Gesetze verletzen,' erklärte ein Regierungssprecher. Unterdessen haben Pariser Staatsanwälte eine strafrechtliche Untersuchung eingeleitet, die nicht nur Shein, sondern auch andere große Online-Plattformen wie AliExpress, Temu, Wish und eBay betrifft.
Auf europäischer Ebene setzt sich Frankreich für strengere Vorschriften für ausländische E-Commerce-Plattformen ein. Die Europäische Kommission hat von Shein weitere Informationen zu seinen Kinderschutzmaßnahmen gefordert, und es gibt wachsende Forderungen nach EU-weiter Gesetzgebung, um die Plattformhaftung zu regeln.
Branchenimplikationen und Verbraucherauswirkungen
Das Urteil setzt einen wichtigen Präzedenzfall dafür, wie europäische Gerichte die Plattformhaftung gegen die Verhältnismäßigkeit von Durchsetzungsmaßnahmen abwägen. Obwohl Shein einer Blockade entging, stellt die Altersverifizierungsanforderung eine bedeutende betriebliche Veränderung dar, die sein Geschäftsmodell in ganz Europa beeinflussen könnte.
Verbraucherrechtsorganisationen haben gemischte Reaktionen geäußert. Einige begrüßen die Anerkennung der Schwere der Verstöße durch das Gericht, während andere befürchten, dass Plattformen ohne stärkere Sanktionen möglicherweise nicht ausreichend in die Inhaltsmoderation investieren. Der Fall unterstreicht auch die Herausforderungen, vor denen Aufsichtsbehörden bei der Überwachung riesiger Online-Marktplätze stehen, auf denen Millionen von Produkten von externen Verkäufern angeboten werden.
Während Shein seinen Marktplatz in Frankreich schrittweise wiedereröffnet – wobei die Kategorie für Erwachsene weltweit geschlossen bleibt – steht das Unternehmen unter anhaltender Beobachtung. Separate Strafverfahren gegen die Verkäufer der Kinder-Sexpuppen laufen weiter, und ein französischer Kunde, der eine solche Puppe bestellt hat, wurde festgenommen, was zeigt, dass die rechtlichen Konsequenzen über die Plattform selbst hinausgehen.