Eine neue Studie zeigt, dass 80% der Gletscher ohne Klimaschutz verschwinden könnten. Die aktuelle Politik führt zu einer Erwärmung von 2,7°C und reduziert die Gletscherzahl von 200.000 auf 44.000, mit verheerenden Folgen für die Alpen und Skandinavien.
Alarmierende Studie sagt massiven Gletscherverlust bis 2100 voraus
Eine bahnbrechende Studie, die im renommierten Fachjournal Nature Climate Change veröffentlicht wurde, enthüllt, dass ohne sofortige und substanzielle Klimaschutzmaßnahmen etwa 80 Prozent der weltweiten Gletscher bis zum Jahr 2100 verschwinden könnten. Die von Schweizer und belgischen Wissenschaftlern durchgeführte Forschung stellt die bisher umfassendste Analyse des Schicksals einzelner Gletscher unter der aktuellen Klimapolitik dar.
Die harten Zahlen: Von 200.000 auf 44.000 Gletscher
Derzeit zählt die Erde weltweit mehr als 200.000 Gletscher. Laut der Studie würden bei einer Erderwärmung auf dem derzeitigen Pfad von 2,7°C bis Ende des Jahrhunderts nur noch etwa 44.000 Gletscher übrig bleiben. Die Untersuchung markiert eine deutliche Abweichung von früheren Studien, die sich nur auf die gesamte Eismasse oder das Volumen konzentrierten. Stattdessen erforscht sie die tatsächliche Anzahl an Gletschern, die vollständig verschwinden werden.
'Das entspricht allen Gletschern in den Alpen, die wir weltweit in einem einzigen Jahr verlieren,' erklärt der Glaziologe Harry Zekollari von der Freien Universität Brüssel und verweist auf die erwartete Spitzenschmelzperiode zwischen 2040 und 2060, in der jährlich 2.000 bis 4.000 Gletscher verschwinden könnten.
Regionale Verwüstung: Alpen und Skandinavien am härtesten betroffen
Die europäischen Alpen stehen vor besonders düsteren Aussichten. Von den etwa 3.200 Alpengletschern, die es heute gibt, würden unter der aktuellen Klimapolitik nur 110 überleben. Skandinavien würde seine Gletscherzahl von etwa 3.400 auf nur noch 363 abstürzen sehen. Asien, Heimat von etwa 100.000 Gletschern, würde die größten absoluten Verluste erleiden.
Diese Ergebnisse decken sich mit aktuellen Daten des World Glacier Monitoring Service an der Universität Zürich, die zeigen, dass Gletscher weltweit zwischen 2000 und 2023 6.542 Milliarden Tonnen Eis verloren haben, was zu einem Anstieg des Meeresspiegels um 18 Millimeter beigetragen hat.
Kaskade von Folgen: Vom Meeresspiegelanstieg bis zur Wasserknappheit
'Das Schmelzen der Gletscher hat große Auswirkungen, auch für die Niederlande. Der größte Teil des Schmelzwassers gelangt in die Ozeane und lässt den Meeresspiegel steigen,' betont Zekollari. Die regionalen Auswirkungen erstrecken sich weit über Küstengebiete hinaus, wobei Süßwasservorräte in Tälern beeinträchtigt werden und Millionen von Menschen sowie unzählige Unternehmen, die auf Gletscherschmelzwasser angewiesen sind, bedroht sind.
Eine Studie der University of Arizona vom Februar 2025 bestätigt diese doppelte Bedrohung: Beschleunigtes Gletscherschmelzen verringert gleichzeitig die Verfügbarkeit von Süßwasser, während es den Anstieg des Meeresspiegels beschleunigt.
Hoffnung bleibt: Das 1,5°C-Szenario
Die Forscher bieten einen Hoffnungsschimmer. Wenn es der Menschheit gelingt, die Erderwärmung auf 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen – das ambitioniertere Ziel des Pariser Abkommens –, würden etwa 50 Prozent der Gletscher schmelzen, anstatt 80 Prozent. Dies stellt einen entscheidenden Unterschied dar, der lebenswichtige Süßwasserquellen erhalten und den Meeresspiegelanstieg mildern könnte.
Im extremen Szenario einer 4°C-Erwärmung (derzeit aufgrund bestehender Klimapolitik, die die Erwärmung erheblich verlangsamt, als unrealistisch angesehen), würden etwa 90 Prozent der Gletscher verschwinden. Die Studie unterstreicht, dass jedes Zehntelgrad zählt, wobei jede Reduzierung der Erwärmung um 0,1°C möglicherweise 2 Prozent der Gletscher retten kann.
Globale Reaktion und Zukunftsperspektive
Die Forschung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Gletscher weltweit durchschnittlich 273 Milliarden Tonnen Eis pro Jahr verlieren, wobei sich das Tempo in den letzten Jahren um 36 Prozent beschleunigt hat, so der Glacier Mass Balance Intercomparison Exercise. Kleine Gletscherregionen unter 15.000 Quadratkilometern sind besonders anfällig, wobei Mitteleuropa bereits einen Eisverlust von 39 Prozent verzeichnet.
Wie Zekollari zusammenfasst, 'Die Zeit zum Handeln ist jetzt. Was im kommenden Jahrzehnt geschieht, wird das Schicksal Tausender Gletscher und der davon abhängigen Gemeinschaften bestimmen.' Die Studie dient sowohl als harte Warnung als auch als Aufruf zum Handeln für politische Entscheidungsträger weltweit, Klimaverpflichtungen zu verstärken, bevor es zu spät ist.
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