SpaceX warnt vor wachsenden Kollisionsrisiken im Weltraum, nachdem ein chinesischer Satellit nur 200 Meter an einem Starlink-Satelliten vorbeiflog. Der Vorfall unterstreicht die Gefahren orbitaler Überfüllung und die Notwendigkeit internationaler Koordination.
SpaceX zieht Alarmglocke nach gefährlicher Annäherung chinesischer Satelliten an Starlink
SpaceX hat eine ernste Warnung vor den zunehmenden Gefahren durch orbitale Überfüllung ausgesprochen, nachdem ein chinesischer Satellit diese Woche in nur 200 Metern Entfernung an einem Starlink-Satelliten vorbeiflog. Die Beinahe-Kollision ereignete sich am 9. Dezember 2025, als eine chinesische Kinetica-1-Rakete, gestartet vom Jiuquan Satellite Launch Center, neun Satelliten aussetzte, von denen einer Starlink-6079 in einer Höhe von 560 Kilometern gefährlich nahekam.
'Mangelnde Koordination stellt größtes Risiko dar'
Michael Nicolls, Vice President Starlink Engineering bei SpaceX, äußerte auf der Social-Media-Plattform X ernste Bedenken zu dem Vorfall. 'Wenn Satellitenbetreiber die Positionen ihrer Satelliten nicht miteinander teilen, können gefährliche Situationen entstehen,' warnte Nicolls. 'Das größte Risiko von Raumfahrtoperationen ergibt sich aus dem Mangel an Koordination zwischen Satellitenbetreibern – das muss sich ändern.'
Laut SpaceX wurde für den chinesischen Start keine Koordination oder Kollisionsvermeidung mit bestehenden Satelliten durchgeführt. 'Soweit wir wissen, gab es keine Koordination oder Konfliktvermeidung mit bestehenden Satelliten im Weltraum, was zu einer Annäherung von 200 Metern zwischen einem der gestarteten Satelliten und einem Starlink-Satelliten in 560 km Höhe führte,' erklärte Nicolls.
Experte nennt es 'PR-Stunt', erkennt aber echte Sorgen an
Der Raumfahrtingenieur Stijn Ilsen von Redwire Space bot eine nuanciertere Perspektive auf den Vorfall. 'Ein Abstand von 200 Metern zwischen zwei Satelliten ist nah, aber sicherlich nicht außergewöhnlich,' erläuterte Ilsen. 'Im Prinzip wird nur aktiv ausgewichen, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Kollision größer als 1 zu 10.000 ist. Das entspricht dann oft einer Entfernung von weniger als 100 Metern voneinander. 200 Meter sind also eigentlich noch im Rahmen.'
Ilsen räumte jedoch ein, dass die Sorgen von SpaceX breitere Probleme widerspiegeln: 'Ich denke, SpaceX nutzt dies vor allem, um zu zeigen, dass sie heutzutage sehr aktiv in Sachen Weltraumschrott und Kollisionsvermeidung sind und dass sie dasselbe von anderen Unternehmen und Ländern erwarten.'
Chinesisches Unternehmen untersucht Vorfall, verweist auf Timing-Probleme
CAS Space, das für den Start verantwortliche chinesische Unternehmen, hat eine Untersuchung des Vorfalls eingeleitet. Das Unternehmen erklärte, es nutze standardmäßig bodengestützte Weltraumlageerfassungssysteme zur Kollisionsvermeidung. 'Wenn es zutrifft, hat sich der Vorfall 48 Stunden nach dem Abtrennen der Nutzlast ereignet. Zu diesem Zeitpunkt war der Start längst abgeschlossen,' merkte das Unternehmen an, was darauf hindeutet, dass die Verantwortung möglicherweise beim Satellitenhersteller oder -eigentümer und nicht beim Startdienstleister liegt.
Die Kinetica-1-Rakete transportierte eine vielfältige Nutzlast, darunter sechs chinesische Satelliten, einen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, einen aus Ägypten und einen aus Nepal. CAS Space ist mehrheitlich in Staatsbesitz, was die geopolitischen Dimensionen von Raumfahrtoperationen unterstreicht.
Die wachsende Gefahr orbitaler Überfüllung
Der Vorfall unterstreicht ein viel größeres Problem: Die Erdumlaufbahn wird gefährlich voll. Laut der Europäischen Weltraumorganisation ESA kreisen mehr als 50.000 von Menschen geschaffene Objekte größer als 10 Zentimeter um die Erde. Wenn kleinere Trümmerteile mitgezählt werden, übersteigt die Zahl 140 Millionen 'Weltraumkugeln', die mit Geschwindigkeiten von bis zu 28.000 Kilometern pro Stunde fliegen.
SpaceX allein hat in diesem Jahr mehr als 3.000 Internetsatelliten für sein Starlink-Netzwerk gestartet, das nun fast 10.000 Satelliten im Orbit zählt. Andere Unternehmen wie Amazon, OneWeb und verschiedene chinesische Firmen bauen ihre eigenen Konstellationen aus Tausenden von Satelliten.
Kessler-Syndrom: Das Albtraumszenario
Die wahre Angst unter Raumfahrtexperten ist das Kessler-Syndrom – eine Kettenreaktion von Kollisionen, die die niedrige Erdumlaufbahn unbrauchbar machen könnte. 'Wenn zwei Satelliten mit einer Geschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde zusammenstoßen, entsteht eine zersplitterte Wolke aus Weltraumschrott,' warnte Ilsen. 'Jedes dieser Teile fliegt weiter in der Erdumlaufbahn und stellt ein Risiko für andere Satelliten dar, mit der Gefahr einer nicht mehr zu stoppenden Kettenreaktion.'
Aktuelle Daten offenbaren das Ausmaß des Problems: SpaceXs Starlink-Satelliten mussten allein in der ersten Hälfte des Jahres 2025 insgesamt 144.404 Kollisionsvermeidungsmanöver durchführen – das ist eine Kollisionswarnung alle paar Minuten.
Internationale Zusammenarbeit: Die einzige Lösung
Der Vorfall unterstreicht den dringenden Bedarf an besserer internationaler Koordination. 'In der Raumfahrt gibt es keine Vorfahrtsregeln,' bemerkte Ilsen. 'Ein Satellit, der von rechts oder von oben kommt, hat nicht unbedingt Vorfahrt. Ein gemeinsamer Ansatz und Koordination sind also wirklich sehr wichtig, um Kollisionen zwischen Satelliten zu verhindern.'
Während technologische Lösungen wie aktive Schrottbeseitigungssysteme und KI-gesteuerte Konstellationsmanagementsysteme aufkommen, sind sich Experten einig, dass internationale Verträge und staatliche Regulierung wesentlich sind, um die Umlaufbahnen als globale Ressourcen zu verwalten. Die Beinahe-Kollision zwischen chinesischen und amerikanischen Satelliten dient als Weckruf für die gesamte Raumfahrtindustrie.
Während die Erdumlaufbahn immer voller wird, zeigt der Vorfall vom Dezember 2025, dass ohne verbesserte Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Satellitenbetreibern gefährliche Begegnungen häufiger werden werden – möglicherweise mit katastrophalen Folgen für globale Kommunikation, Navigation und wissenschaftliche Forschung.
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