EU und Mercosur nehmen Handelsgespräche nach 5-jährigem Stillstand wieder auf. Mögliches Abkommen würde größte Freihandelszone der Welt für 780 Millionen Menschen schaffen, steht aber vor Bauernprotesten und Ratifizierungshürden.

Historische Handelsverhandlungen wieder aufgenommen
Nach fünf Jahren Stillstand haben die Europäische Union und der Mercosur-Handelsblock (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) diese Woche hochrangige Handelsgespräche wieder aufgenommen. Die Gespräche zielen darauf ab, eines der größten Freihandelsabkommen der Welt abzuschließen, das einen Markt von fast 780 Millionen Menschen umfasst. Die Verhandler befassen sich mit langjährigen Meinungsverschiedenheiten über den Marktzugang für landwirtschaftliche Erzeugnisse und den Umweltschutz, die das Abkommen zuvor scheitern ließen.
Kernstreitpunkte
Die EU sucht einen besseren Zugang für ihre Industrieexporte - insbesondere für Automobile, die mit 35% Zöllen belegt sind, sowie Premiumprodukte wie Wein und Käse. Die Mercosur-Länder fordern hingegen weniger Handelshemmnisse für ihre Agrarexporte, darunter Rindfleisch, Geflügel und Ethanol. Umweltschutzmaßnahmen bleiben entscheidend, wobei die EU auf verbindliche Zusagen zur Bekämpfung der Amazonas-Abholzung und zur Einhaltung der Pariser Klimaziele besteht.
Jüngste Fortschritte
Verhandlungskreisen zufolge gab es bei jüngsten Treffen Durchbrüche bei zuvor strittigen Punkten. Beide Seiten zeigen sich nach geopolitischen Verschiebungen und dem Druck zur Diversifizierung der Lieferketten nach der Pandemie flexibler. Brasiliens jüngste Umweltreformen unter Präsident Lula haben die Bedenken der EU zerstreut, obwohl Überprüfungsmechanismen noch diskutiert werden.
Wirtschaftliche Bedeutung und Widerstand
Das Abkommen verspricht erhebliche wirtschaftliche Vorteile: Die EU-Exporte in den Mercosur könnten jährlich um 45 Milliarden Euro steigen, während die südamerikanischen Agrarexporte nach Europa um 20 Milliarden Euro wachsen könnten. Europäische Bauernverbände protestieren jedoch weiterhin gegen mögliche Konkurrenz durch billigere Importe. "Wir brauchen eiserne Schutzmaßnahmen für unsere Lebensmittelstandards und Familienbetriebe", sagte Marie Dubois, Sprecherin des Europäischen Bauernverbands.
Nächste Schritte
Im Falle eines Abschlusses würde das Abkommen innerhalb von 10-15 Jahren 93% der Mercosur-Zölle und 91% der EU-Abgaben abschaffen. Die Verhandler streben einen technischen Abschluss bis Oktober 2025 an, doch die Ratifizierung erfordert die Zustimmung aller 27 EU-Mitgliedstaaten - ein Prozess, der sich bis 2026 hinziehen könnte. Umweltgruppen fordern verbindliche Durchsetzungsmechanismen und warnen vor "leeren Versprechungen" zur Abholzung.