Großangriff über Lieferant trifft Nissan-Kunden
Der japanische Automobilhersteller Nissan hat bestätigt, dass etwa 21.000 Kunden von einem umfangreichen Datenleck bei Red Hat betroffen sind, dem Open-Source-Softwarelieferanten, der ein Kundenverwaltungssystem für das Unternehmen entwickelte. Das Leck, das Ende September 2025 stattfand, stellt einen der bedeutendsten Supply-Chain-Angriffe des Jahres dar und unterstreicht die Schwachstellen, die entstehen, wenn große Unternehmen von externen Technologiepartnern abhängig sind.
Umfang des Vorfalls
Laut offiziellen Stellungnahmen von Nissan betraf das Leck speziell Kunden der Nissan Fukuoka Sales Co. in Japan. Die kompromittierten Daten umfassen vollständige Namen, Privatadressen, Telefonnummern, E-Mail-Adressen und andere verkaufsbezogene Informationen. 'Wir entschuldigen uns aufrichtig für die Sorgen und Unannehmlichkeiten, die dieser Vorfall bei unseren geschätzten Kunden verursacht hat,' erklärte ein Nissan-Sprecher in der offiziellen Mitteilung.
Das Leck entstand in der Beratungsabteilung von Red Hat, wo Hacker der Cyberkriminellen-Gruppe Crimson Collective unbefugten Zugang zu einer selbstverwalteten GitLab-Instanz erhielten. Sicherheitsforscher bestätigten, dass die Angreifer etwa 570 GB komprimierte Daten aus mehr als 28.000 privaten Repositories gestohlen haben. 'Dies war kein einfacher Datendiebstahl – es war eine systematische Extraktion sensibler Infrastrukturinformationen, die Angreifern möglicherweise Zugang zu Systemen mehrerer Organisationen verschaffen könnte,' erläuterte Cybersicherheitsanalyst Kevin Beaumont in einem Interview mit TechPulse.
Ablauf des Angriffs
Die Zeitleiste zeigt besorgniserregende Verzögerungen bei der Meldung. Red Hat entdeckte den Einbruch am 26. September 2025, informierte Nissan jedoch erst am 3. Oktober – etwa eine Woche später. Während dieser Zeit hatte die Crimson-Collective-Gruppe bereits Beispiele gestohlener Dateien auf ihrer Erpressungsplattform platziert, wobei auch die berüchtigte ShinyHunters-Gruppe Beteiligung beanspruchte.
Sicherheitsexperten haben den Angriffsvektor als besonders ausgeklügelt identifiziert. Die Hacker nutzten Schwachstellen in der GitLab-Instanz von Red Hat, um Zugang zu Authentifizierungstokens, Datenbank-Anmeldedaten und Infrastrukturkonfigurationen zu erlangen. 'Was dieses Datenleck besonders gefährlich macht, ist, dass es Customer Engagement Reports mit detaillierten Infrastrukturinformationen für etwa 800 Organisationen weltweit offenlegte,' bemerkte ein Bericht von GitGuardian.
Auswirkungen über Nissan hinaus
Obwohl Nissan das prominenteste Unternehmen ist, das öffentlich Auswirkungen bestätigt hat, glauben Sicherheitsforscher, dass das Leck zahlreiche hochrangige Organisationen betrifft. Analysen deuten darauf hin, dass große Unternehmen wie Bank of America, IBM, Verizon, T-Mobile, AT&T, Fidelity, Walmart und sogar US-Regierungsbehörden möglicherweise vom selben Leck betroffen sind.
Das Belgische Zentrum für Cybersicherheit hat eine Hochrisikowarnung zu potenziellen Lieferkettenfolgen herausgegeben und darauf hingewiesen, dass Beratungsunternehmen wie Red Hat oft zu 'Credential-Sammelpunkten' werden, wo Repositories Geheimnisse mehrerer Kundenorganisationen enthalten. 'Dieser Vorfall zeigt, wie ein einziges Datenleck bei einem Beratungsunternehmen durch ganze Industrien Wellen schlagen kann,' erklärte Cybersicherheitsexpertin Maria Rodriguez in einem Interview mit SecurityWeek.
Reaktion und Gegenmaßnahmen
Nissan hat mehrere Schritte als Reaktion auf das Datenleck unternommen. Das Unternehmen hat den Vorfall der japanischen Personal Information Protection Commission gemeldet und nimmt direkt Kontakt mit allen betroffenen Kunden auf. Wichtig ist, dass Nissan betont, dass keine Finanzinformationen oder Kreditkartendaten während des Angriffs kompromittiert wurden.
Red Hat, heute eine Tochtergesellschaft von IBM, erklärte, das Datenleck sei auf die GitLab-Instanz ihrer Beratungsabteilung beschränkt und habe keine Auswirkungen auf andere Red-Hat-Produkte oder deren Software-Lieferkette. Das Unternehmen hat den unbefugten Zugang entfernt, die kompromittierte Instanz isoliert und setzt zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen um. 'Wir haben sofort Maßnahmen ergriffen, um den Vorfall einzudämmen, und arbeiten eng mit betroffenen Kunden zusammen,' bestätigte ein Red-Hat-Sprecher gegenüber BleepingComputer.
Breitere Implikationen für Cybersicherheit
Dieser Vorfall unterstreicht mehrere kritische Themen in der modernen Cybersicherheit. Erstens zeigt er die Risiken, die mit Drittanbietern und Lieferkettenabhängigkeiten einhergehen. Zweitens offenbart er, wie verzögerte Meldungen die Auswirkungen von Datenlecks verschlimmern können. Drittens zeigt er, dass selbst Unternehmen mit robuster interner Sicherheit über ihre Technologiepartner verwundbar sein können.
Sicherheitsprofis drängen Organisationen, ihre Lieferantenrisikomanagementprogramme zu überprüfen und strengere Sicherheitsbewertungen für externe Anbieter einzuführen. 'Die Automobilindustrie wird, wie viele andere, zunehmend digitaler und vernetzter. Dieses Datenleck sollte ein Weckruf für alle Unternehmen über die Bedeutung der Sicherung jedes Glieds in ihrer Technologiekette sein,' schloss Automotive-Cybersicherheitsspezialist David Chen.
Für betroffene Nissan-Kunden rät das Unternehmen zur Wachsamkeit gegenüber verdächtiger Kommunikation und verspricht fortlaufende Updates, während die Untersuchung fortschreitet. Obwohl es derzeit keine Beweise für einen Missbrauch der gestohlenen Daten gibt, dient der Vorfall als deutliche Erinnerung an die anhaltenden Cybersicherheitsbedrohungen, denen sowohl Unternehmen als auch Verbraucher in unserer vernetzten digitalen Welt gegenüberstehen.