KI-Weihnachtscovers überfluten Streamingdienste und schaden Künstlern

Streamingdienste werden von KI-Weihnachtscovers mit über 30.000 KI-Songs täglich überschwemmt. Künstler verlieren Einkommen, während Hörer KI nicht von Mensch unterscheiden können. Juristische Auseinandersetzungen über nicht autorisiertes Training von KI-Modellen.

Der Aufstieg von KI-generierter Weihnachtsmusik

Streamingplattformen wie Spotify, YouTube und SoundCloud erleben in dieser Festzeit einen beispiellosen Zustrom von KI-generierten Weihnachts-Coverversionen. Fiktive Künstler mit Namen wie Dean Snowfield, Sleighbelle und Daniel & The Holly Jollies veröffentlichen Weihnachtslieder, die überzeugend menschlich klingen, aber vollständig von künstlicher Intelligenz erstellt wurden. Laut aktuellen Daten des Streamingdienstes Deezer sind etwa 28 % aller auf Plattformen hochgeladenen Musikstücke nun vollständig KI-generiert, was mehr als 30.000 Songs pro Tag entspricht.

Künstler verlieren Einkommen und Identität

Die Verbreitung von KI-generierter Musik stellt menschliche Künstler vor erhebliche Herausforderungen. 'Es kommt immer häufiger vor, dass bestimmte Künstler nachgeahmt werden, zuletzt ist es auch Tim Knol passiert,' sagt die Datenwissenschaftlerin Janne Spijkervet, die umfangreiche Forschungen zu KI-Musik durchgeführt hat. 'Das ist schädlich für Künstler, weil man sich über ihre Arbeit lustig macht.' Neben kreativer Respektlosigkeit stehen Künstler vor echten finanziellen Konsequenzen, da KI-generierte Songs Streams und Tantiemen von legitimen Schöpfern ablenken.

Spotify hat Maßnahmen gegen diesen Trend ergriffen und entfernte im letzten Jahr 75 Millionen 'Spam-Songs', die von KI erstellt wurden, um fast identisch wie echte Künstler zu klingen. Das Ausmaß des Problems wächst jedoch weiter. Der CEO von Deezer betont, dass KI-Musik zwar nur etwa 0,5 % der Streams ausmacht, bis zu 70 % der Streams von KI-Songs jedoch betrügerisch sind, wobei die Zahlen durch Manipulation künstlich aufgebläht werden.

Hörer kämpfen damit, KI von Mensch zu unterscheiden

Eine kürzlich durchgeführte Studie von Deezer und Ipsos zeigte, dass 97 % der 9.000 Teilnehmer nicht angeben konnten, welche Songs von KI erstellt wurden und welche von menschlichen Künstlern. Diese Verwirrung unterstreicht die Raffinesse der aktuellen KI-Musiktechnologie. 'Generative KI lernt von aller weltweit verfügbaren Musik,' erklärt Spijkervet. 'Jeder KI-generierte Song basiert auf bestehenden Künstlern und Liedern. Und das kommt bei Hörern an.'

Der Musikexperte Kris Keijser, der selbst KI-generierte Songs produziert, bemerkt die schnelle Qualitätsverbesserung. 'Da ist eine Art Rauschen drin; es klingt eigentlich nicht gut. Wenn man es jetzt mit der KI-App Suno machen würde, dann hört man wirklich den Qualitätssprung. Die Technologie hat sich verbessert, aber man hört immer noch, dass es gefälscht ist.'

Die Weihnachtsmusik-Herausforderung

Weihnachtsmusik stellt eine besondere Herausforderung für KI-Systeme dar. 'KI-Weihnachtslieder fangen oft eher eine Allgemeinheit ein,' sagt Keijser. 'Ein wirklich gutes Weihnachtslied zu machen ist schwierig: Es muss einen berühren oder es muss eine Geschichte dahinterstecken.' Spijkervet fügt hinzu, dass 'Weihnachtsmusik ein Genre ist, in dem Echtheit und Authentizität besonders wichtig sind. Das Weihnachtsgenre greift auf Tradition, Gemütlichkeit und Nostalgie zurück, und da passt KI als Experiment nicht hinein.'

Trotz dieser Einschränkungen erhalten KI-generierte Weihnachts-Coverversionen erhebliche Aufmerksamkeit. Sleighbelles Cover von 'Santa Baby' wurde auf Spotify bereits über 14 Millionen Mal gestreamt und erscheint in Playlists neben legendären Künstlern wie Ella Fitzgerald und Michael Bublé.

Juristische Kämpfe und Urheberrechtsbedenken

Die KI-Musikrevolution sieht sich mit zunehmenden rechtlichen Herausforderungen konfrontiert. Die KI-Musikgenerierungsunternehmen Suno und Udio stehen derzeit vor Urheberrechts-Sammelklagen von unabhängigen Musikern, die behaupten, dass diese Plattformen urheberrechtlich geschützte Musik verwendet haben, um ihre KI-Modelle ohne Erlaubnis zu trainieren. Laut Digital Music News stellen diese Klagen eine erhebliche rechtliche Herausforderung für die KI-Musikgenerierungstechnologie dar und unterstreichen die anhaltenden Spannungen zwischen technologischer Innovation und geistigen Eigentumsrechten.

Spijkervet erwartet, dass KI-Musikgeneratoren aufgrund dieser rechtlichen Einschränkungen schließlich ein Qualitätsplateau erreichen werden. 'Irgendwann werden sich diese Plattformen wirklich an die Vorschriften halten müssen und können nicht länger alle Musik verwenden, um ihre Modelle zu trainieren.'

Transparenz und Label-Lösungen

Branchenexperten sind sich einig, dass mehr Transparenz erforderlich ist. Deezer ist die erste Streamingplattform geworden, die KI-Inhaltskennzeichnung implementiert, wobei 100 % KI-generierte Musik gekennzeichnet und von algorithmischen Empfehlungen und redaktionellen Playlists ausgeschlossen wird. 'Das Nachahmen oder Aneignen der Stimme einer Person geht über das Covern eines Songs hinaus,' sagt Spijkervet. 'Es wird oft auch nicht als KI-Musik auf Spotify oder YouTube gekennzeichnet.'

Während KI kreative Möglichkeiten bietet—'Es kann dich als Künstler inspirieren und weiterbringen,' bemerkt Keijser—muss die Branche Innovation mit Künstlerschutz in Einklang bringen. Während Streamingdienste Erkennungstools und Kennzeichnungsstandards über Organisationen wie DDEX entwickeln, wird die Zukunft der KI in der Musik davon abhängen, ethische Rahmenbedingungen zu finden, die Schöpfer respektieren und gleichzeitig technologischen Fortschritt umarmen.

Ava Bakker

Ava Bakker ist eine renommierte niederländische Wissenschafts- und Raumfahrtkorrespondentin, deren aufschlussreiche Berichterstattung kosmische Wunder einem weltweiten Publikum näherbringt. Ihre Arbeit verbindet komplexe Astrophysik mit öffentlichem Verständnis.

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