Berufungsgericht verhängt höhere Strafe im Pelicot-Prozess

Ein französisches Berufungsgericht hat die Gefängnisstrafe für einen im Gisèle Pelicot-Fall verurteilten Mann von 9 auf 10 Jahre erhöht, wies seine Berufung zurück und verhängte zusätzliche Therapieauflagen.

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Berufungsgericht verschärft Strafe in wegweisendem Fall

Ein französisches Berufungsgericht hat eine bedeutende Entscheidung im aufsehenerregenden Gisèle Pelicot-Fall getroffen und die Gefängnisstrafe von Husamettin Dogan von 9 auf 10 Jahre erhöht. Der 44-jährige Bauarbeiter war der einzige von 51 verurteilten Männern, der gegen seine Verurteilung in einem wegweisenden Verfahren Berufung einlegte, das systemische sexuelle Gewalt in Frankreich aufdeckte.

Die Berufung und die gerichtliche Reaktion

Während der Verhandlung am Montag vor dem Berufungsgericht in Nîmes argumentierte Dogan, er habe niemals die Absicht gehabt, Pelicot zu vergewaltigen, und dachte, die sexuelle Nötigung sei 'nur ein Spiel gewesen'. Der vorsitzende Richter wies diese Verteidigung jedoch zurück und stellte fest, dass 'Vergewaltigung ein kleiner Tod ist', und machte Dogan vollständig für seine Taten verantwortlich. Das Gericht urteilte, dass Dogan 'vollständig bewusst' war, dass Pelicot während der Tat bewusstlos war, insbesondere weil er sich zurückzog, als sie sich leicht bewegte, was sein Bewusstsein für ihren verletzlichen Zustand belegte.

Zusätzlich zur erhöhten Gefängnisstrafe verhängte das Gericht weitere Maßnahmen, darunter fünf Jahre gerichtlich angeordnete Therapie und Überwachung nach der Haftentlassung. Diese Entscheidung stellt eine signifikante Verschärfung der gerichtlichen Reaktion auf Fälle sexueller Gewalt in Frankreich dar, wo die Verurteilungsraten für Vergewaltigung alarmierend niedrig bleiben.

Der umfassende Fall und seine Auswirkungen

Der Pelicot-Fall umfasst systematischen Missbrauch über fast ein Jahrzehnt, bei dem Gisèle Pelicots Ex-Ehemann, Dominique Pelicot, sie unter Drogen setzte und Dutzende Männer einlud, sie sexuell zu missbrauchen, während sie bewusstlos war. Der Missbrauch kam 2020 ans Licht, als Dominique wegen heimlicher Filmaufnahmen von Frauen in einem Supermarkt festgenommen wurde, was zur Entdeckung umfangreicher Beweise für die Übergriffe auf seiner Computerausrüstung führte.

Im Dezember 2024 wurden 51 Männer in einem der größten Sexualstrafverfahren Frankreichs verurteilt. Dominique Pelicot erhielt die Höchststrafe von 20 Jahren, während die anderen verurteilten Männer Gefängnisstrafen zwischen 3 und 15 Jahren erhielten. Der Fall hat weltweit Aufmerksamkeit erregt und entscheidende Diskussionen über sexuelle Gewalt und Einwilligungsgesetze in Frankreich ausgelöst.

Gisèle Pelicots mutiges Auftreten

Mittlerweile 72 Jahre alt, ist Gisèle Pelicot zu einer feministischen Ikone und einem Symbol für Mut in Frankreich geworden. Sie verzichtete auf ihr Recht auf Anonymität und bestand darauf, dass der Prozess öffentlich sei, um Aufmerksamkeit auf Fragen sexueller Gewalt zu lenken. Ihr Anwalt betonte, dass das Berufungsverfahren bedeutete, dass Pelicot 'eine neue Prüfung' durchstehen musste, aber dass sie entschlossen war zu zeigen, dass 'Vergewaltigung Vergewaltigung ist und es so etwas wie eine kleine Vergewaltigung nicht gibt.'

Pelicots Mut hat ihr breite Anerkennung eingebracht, darunter die Verleihung des Ordens der Ehrenlegion am Bastille-Tag 2025. Sie wurde kürzlich vor Gericht mit Applaus und Transparenten begrüßt, was ihren Status als nationale Figur im Kampf gegen sexuelle Gewalt widerspiegelt.

Rechtsreformen und nationale Reflexion

Der Pelicot-Fall hat kritische Lücken im französischen Rechtsrahmen aufgedeckt, insbesondere das Fehlen einwilligungsbasierter Definitionen in den Vergewaltigungsgesetzen. Das derzeitige französische Gesetz definiert Vergewaltigung auf der Grundlage von 'Gewalt, Zwang, Drohung oder Überraschung', lässt aber auffälligerweise jeden Verweis auf Einwilligung aus, was Verteidigungen auf der Grundlage von Missverständnissen ermöglicht.

Der Fall hat dringende Forderungen nach Gesetzesreformen ausgelöst, wobei Justizminister Didier Migaud und Senatorin Mélanie Vogel Änderungen unterstützen, um Einwilligung in die französischen Vergewaltigungsgesetze aufzunehmen. Wie ein Rechtsexperte bemerkte: 'Frankreich steht unter zunehmendem Druck internationaler Menschenrechtsorganisationen, sich an einwilligungsbasierte Vergewaltigungsgesetze anzupassen, die in anderen europäischen Ländern üblich sind.' Das derzeitige System sieht, dass etwa 98 % der gemeldeten Vergewaltigungen nicht vor Gericht kommen, was den Bedarf an systemischem Wandel unterstreicht.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts, Dogans Strafe zu erhöhen, sendet eine kraftvolle Botschaft über gerichtliche Verantwortung in Fällen sexueller Gewalt. Während Frankreich weiterhin mit den Implikationen des Pelicot-Falls ringt, stellt diese Entscheidung einen Schritt hin zu stärkerem Schutz für Opfer und größerer Verantwortung für Täter dar.

Quellen: AP News, CNN, BISI Bericht

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