
Akademische Zusammenarbeit oder Mittäterschaft? Europäische Universitäten Ringen mit Israelischen Verbindungen
Auf europäischen Campussen ist eine tiefgreifende ethische Debatte über die Beteiligung Israels an EU-Forschungsprogrammen entstanden. Universitäten und Studentenorganisationen stellen zunehmend die Moral fortgesetzter akademischer Zusammenarbeit angesichts der militärischen Aktionen Israels in Gaza in Frage, was zu einem Flickenteppich von Boykotten, Aussetzungen und Protesten führt.
Uneinigkeit auf EU-Ebene über Forschungsförderung
Im Juli 2025 schlug die Europäische Kommission vor, die Beteiligung Israels an Teilen von Horizon Europe, dem Flaggschiff-Forschungsprogramm der EU von 95,5 Milliarden Euro, auszusetzen. Die vorgeschlagene Aussetzung würde speziell die israelische Beteiligung am European Innovation Council Accelerator betreffen.
Seit 2021 haben israelische Teilnehmer 875,9 Millionen Euro an Netto-EU-Beiträgen durch Horizon Europe erhalten. Der Vorschlag der Kommission folgte einem Bericht des Europäischen Auswärtigen Dienstes, der zu dem Schluss kam, dass die Handlungen Israels in Gaza Menschenrechtsprinzipien verletzen.
Grassroots-Druck und Universitäre Aktionen
Die Universität Ljubljana in Slowenien hat eine führende Position eingenommen, indem sie die Europäische Kommission aufforderte, die israelische Teilnahme an Horizon Europe auszusetzen und von Projekten mit israelischen Institutionen Abstand nahm. Diese Entscheidung folgte Appellen von über 200 Professoren und Mitarbeitern.
Ebenso kündigte die Universität Primorska an, keine neuen Projekte mit Israel zu starten. In Belgien wies der Flämische Interuniversitäre Rat den Vorschlag der Kommission als "symbolisch" zurück und forderte die Aussetzung des gesamten EU-Israel-Assoziierungsabkommens.
Studentenaktivismus und Institutionelle Reaktionen
Studentenaktivismus hat eine entscheidende Rolle gespielt, wobei Besetzungen und Proteste an belgischen Universitäten mehrere Institutionen dazu veranlassten, die Zusammenarbeit mit israelischen Partnern auszusetzen.
Mehrere italienische Universitäten haben die Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen ausgesetzt oder reduziert. Der spanische Universitätsrat, der 76 Einrichtungen vertritt, kündigte an, alle Vereinbarungen mit israelischen Partnern zu überprüfen.
Kontinentale Spaltung und Opposition
Nicht alle europäischen Länder unterstützen akademische Sanktionen. Deutschland, der engste Verbündete Israels in Europa, lehnt diese entschieden ab. Professor Walter Rosenthal argumentierte, dass die Aussetzung Israels aus Horizon Europe "die Wissenschaft und Forschung in Israel erheblich schwächen" würde.
Tschechien und Ungarn haben sich ebenfalls solchen Maßnahmen widersetzt, was die Schwierigkeit für Brüssel unterstreicht, eine gemeinsame europäische Position zu bilden. Kritiker argumentieren, dass akademische Sanktionen die akademische Freiheit untergraben.
Breitere Implikationen für EU-Israel-Beziehungen
Die Debatte geht über die akademische Welt hinaus und testet das Engagement der EU für Menschenrechtsprinzipien. Mit über 62.000 Opfern in Gaza seit Oktober 2023 und einer von der UN erklärten Hungersnot in Gaza-Stadt wächst der Druck auf europäische Institutionen, Stellung zu beziehen.