Von Rhetorik zur Realität: Trumps Allianz mit Europas Rechtsextremen
Seit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus im Jahr 2025 hat sich eine seismische Verschiebung in der transatlantischen Politik vollzogen. Was als rhetorische Bewunderung begann, hat sich zu einer strategischen Allianz zwischen der Trump-Administration und Europas rechtsextremen politischen Bewegungen entwickelt. Diese Partnerschaft, beispiellos in der modernen diplomatischen Geschichte, formt die europäische Politik neu und stellt die Grundlagen der Europäischen Union in Frage.
'Wir sahen diese Art von Dingen bereits unter der Oberfläche geschehen, aber jetzt ist es offizielle Politik,' sagt Nina Jankowicz, eine Desinformationsspezialistin, die im Department of Homeland Security unter Präsident Joe Biden arbeitete. 'Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der ein amerikanischer Präsident so offen seine Präferenzen bei ausländischen Wahlen äußerte, zumindest in der modernen Geschichte,' fügt Thomas Carothers hinzu, Direktor des Demokratie-, Konflikt- und Governance-Programms bei der Carnegie Endowment for International Peace.
Patrioten für Europa: Ein Pro-Trump-Block
Die sichtbarste Manifestation dieser Allianz ist die Patrioten für Europa-Gruppe im Europäischen Parlament. Im Juni 2024 gegründet, ist diese rechts- bis rechtsextreme souveränistische politische Gruppe zum drittgrößten Block im Europäischen Parlament geworden. Sie umfasst Ungarns Fidesz, Frankreichs Rassemblement National (RN), Italiens Lega, Österreichs Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), Belgiens Vlaams Belang, Tschechiens ANO, die Dänische Volkspartei, Spaniens VOX und die niederländische Partij voor de Vrijheid (PVV).
Diese Parteien haben sich als pro-Trump-Fraktion positioniert, mit gemeinsamen Grundsätzen in Bezug auf Einwanderung, Euroskeptizismus und Widerstand gegen das, was sie als 'Woke'-Kultur bezeichnen. Die Bildung der Gruppe stellt eine bewusste Strategie dar, um Anti-EU-Bemühungen über nationale Grenzen hinweg zu koordinieren.
Strategische Ausrichtung in Europa
In Deutschland sind Politiker der Alternative für Deutschland (AfD) zu regelmäßigen Gästen bei konservativen Veranstaltungen in den USA geworden. Parteichefin Alice Weidel hat mehrere Einladungen aus Washington erhalten, während Trumps Vizepräsident JD Vance und Tesla-CEO Elon Musk sich offen für die AfD während deutscher Wahlkampagnen ausgesprochen haben. 'Wir finden uns in Themen wie dem Kampf gegen Einwanderung und Grenzschutz wieder,' sagt Louis Aliot, Vizepräsident von Frankreichs Rassemblement National, und betont damit die ideologische Übereinstimmung.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán ist als Trumps engster europäischer Verbündeter hervorgetreten, mit drei Besuchen in Mar-a-Lago allein im Jahr 2024. Trump belohnte Orbán mit einer einjährigen Ausnahme von Sanktionen für den Kauf russischen Öls und Gases und stellte Ungarns Status in einem visumfreien Regelwerk wieder her. Trumps Zölle gegen die EU haben jedoch die ungarische exportorientierte Automobilindustrie hart getroffen, was wirtschaftliche Spannungen erzeugt.
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni pflegt eine pragmatische Beziehung zu Trump und nutzt ihre persönliche Verbindung, um als potenzielle Brücke zwischen den USA und der EU zu fungieren. Sie war die einzige europäische Führungspersönlichkeit, die Trumps zweite Amtseinführung im Januar 2025 besuchte.
Wirtschaftliche und sicherheitspolitische Implikationen
Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Allianz sind bereits in ganz Europa spürbar. Laut einer CEPR-Analyse könnte Trumps vorgeschlagener Basiszoll von 10 % auf alle amerikanischen Importe das Wirtschaftswachstum der EU über zwei Jahre um bis zu 1 % verringern. Die EU-Automobilindustrie steht vor einer potenziellen Zollerhöhung von 2,5 % auf 25 %, was europäische Autos auf dem amerikanischen Markt weniger wettbewerbsfähig machen würde.
Sicherheitsexperten sind besorgter über die strategische Dimension. Eine DW-Analyse zeigt, dass Trumps Annäherung Teil einer bewussten nationalen Sicherheitsstrategie ist, um die Europäische Union zu spalten. Das amerikanische Nationale Sicherheitsstrategie-Dokument warnt vor 'Zivilisationsauslöschung' in Europa durch Einwanderung und beschuldigt die EU der Zensur der Meinungsfreiheit durch Maßnahmen wie den Digital Services Act.
Wahlinterventionen und Zukunftsperspektiven
Die Trump-Administration hat aktiv in europäische Wahlen eingegriffen. Die ehemalige Heimatschutzministerin Kristi Noem unterstützte Polens konservativen Präsidenten Karol Nawrocki bei seinem Wahlsieg im Juni 2025. Trump gratulierte Nawrocki später im Weißen Haus und sagte: 'Es war ein ziemlich harter Rennen, ziemlich schmutziges Rennen, und er hat sie alle geschlagen.'
In Frankreich sagen Umfragen voraus, dass Rassemblement National-Chef Jordan Bardella 2027 Präsident werden könnte, während Marine Le Pen auf eine Neuverhandlung ihrer Korruptionsverurteilung wartet. Der wiedergewählte tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš hat Trump'sche Rhetorik mit seinem Slogan 'Starkes Tschechien' übernommen, eine direkte Anspielung auf MAGA.
Laut Forschung der Carnegie Endowment haben rechtsextreme Parteien zwar bemerkenswerte Wahlerfolge erzielt, halten aber derzeit die Exekutivgewalt in nur fünf EU-Mitgliedstaaten. Der Trump-Effekt bleibt nuanciert, wobei die meisten Europäer trotz wachsender rechtsextremer Unterstützung skeptisch gegenüber dem Trumpismus bleiben.
Die Zukunft eines gespaltenen Europas
Diese transatlantische Allianz stellt eine fundamentale Herausforderung für die europäische Einheit dar. Während europäische rechtsextreme Parteien zunehmend nach Washington statt nach Brüssel für Inspiration und Unterstützung blicken, steht die traditionelle transatlantische Beziehung, die auf gemeinsamen demokratischen Werten aufgebaut ist, unter beispielloser Spannung.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob diese Allianz eine vorübergehende politische Ausrichtung darstellt oder eine dauerhafte Neuordnung der europäischen Politik. Klar ist, dass Trumps europäische Unterstützer von rhetorischer Bewunderung zu strategischer Ausrichtung übergegangen sind und damit neue Bruchlinien in der europäischen Politik geschaffen haben, die die Zukunft des Kontinents für Jahre prägen werden.