Moldau am Scheideweg
Die Moldau steht an einem entscheidenden Punkt ihrer Geschichte, da die Parlamentswahlen am Sonntag bestimmen könnten, ob das osteuropäische Land seinen Weg zur EU-Mitgliedschaft fortsetzt oder sich wieder russischem Einfluss zuwendet. Das Ergebnis wird die geopolitische Ausrichtung des Landes für Jahre prägen.
EU-Integration auf dem Spiel
Die Moldau ist seit 2022 EU-Beitrittskandidat und strebt bis 2030 eine Vollmitgliedschaft an. Die derzeitige pro-europäische Regierung unter Präsidentin Maia Sandu hat bedeutende Fortschritte bei der Angleichung an EU-Standards erzielt und erhält erhebliche finanzielle Unterstützung aus Brüssel. "Es ist noch ziemlich riskant, angesichts der politischen Situation," räumt Victor Ciolacu ein, ein 31-jähriger Imker, der 100.000 Euro EU-Förderung erhielt, um sein Unternehmen zu erweitern.
Russische Einmischungskampagne
Russland hat Berichten zufolge Hunderte Millionen Euro für das ausgegeben, was Präsidentin Sandu eine "beispiellose Kampagne" nennt, um die Wahlen zu untergraben. Die Investigativjournalistin Natalia Zaharescu ging monatelang undercover in einem pro-russischen Netzwerk, das Moldauer rekrutierte, um Desinformation auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Facebook zu verbreiten.
"Russland gibt sich so viel Mühe und gibt so viel Geld aus, es ist klar, dass diese Wahlen für sie wichtig sind," sagte Zaharescu dem NOS. "Dies könnte ihre letzte Chance sein, ihre Marionetten an die Macht zu bringen."
Sicherheitsmaßnahmen und Festnahmen
Als Reaktion auf die Einmischung hat die Moldau entschlossene Maßnahmen ergriffen. Die Wahlkommission schloss kürzlich zwei pro-russische Parteien aus, die angeblich vom Kreml-nahen moldauischen Oligarchen Ilan Shor finanziert wurden. Die Behörden führten auch Razzien an 250 Orten durch und nahmen 74 Personen fest, die verdächtigt wurden, in Serbien ausgebildet worden zu sein, um rund um die Wahlzeit Unruhen zu verursachen.
Wirtschaftlicher Druck und Wählermeinung
Trotz der Erfolge der pro-europäischen Regierung kämpfen viele Moldauer mit hoher Inflation und wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Einige Wähler bleiben nostalgisch für die Ära, in der Russland billiges Gas lieferte und niedrige Energiepreise aufrechterhielt. Der pro-russische "Patriotische Block" unter der Führung von Igor Dodon könnte möglicherweise an die Macht kommen, was Bedenken über ein "Georgien-Szenario" aufkommen lässt, bei dem EU-Ambitionen schnell aufgegeben werden.
Die Weichenstellung für die künftige Ausrichtung der Moldau könnte nicht bedeutender sein. Wie Victor Ciolacu es ausdrückt: "Wenn die Russen kommen, können sie diesen Ort in eine schöne Kaserne verwandeln." Die Antwort seiner Mutter: "Toi, toi, toi!" - was die Angst vieler Moldauer vor der ungewissen Zukunft ihres Landes widerspiegelt.