EU-Digital-Omnibus: Vereinfachung oder Rückschritt für Datenschutz?

Das EU-Digitale Omnibus-Vorschlag zielt auf Vereinfachung der digitalen Regulierung ab, erntet jedoch Kritik, weil es GDPR- und AI Act-Schutz schwächen könnte. Datenschutzbefürworter warnen vor grundlegenden Rechten.

EU's Digitaler Omnibus: Vereinfachung oder Rückschritt für Datenschutz?

Die Europäische Kommission hat ihren ehrgeizigen Digitaler Omnibus-Vorschlag vorgelegt, mit dem Ziel, die digitale Regulierung der Union zu vereinfachen und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Diese weitreichende Deregulierungsbemühung hat jedoch bei Datenschutzbefürwortern und Verbraucherschutzgruppen Alarm ausgelöst, die befürchten, dass sie grundlegende digitale Rechte untergraben könnte.

Was Enthält das Digitaler Omnibus-Paket?

Der am 19. November 2025 vorgelegte Vorschlag zielt auf signifikante Reduzierungen der Verwaltungslasten ab - mindestens 25% insgesamt und 35% für kleine und mittlere Unternehmen bis 2029. Das Paket konzentriert sich auf drei Kernbereiche: Datenschutzreformen, Cybersecurity-Anpassungen und Änderungen am Artificial Intelligence Act.

EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis betonte die wirtschaftliche Begründung hinter den Veränderungen: 'Durch die Vereinfachung von Regeln, die Reduzierung administrativer Lasten und die Einführung flexiblerer und proportionaler Regeln halten wir unser Versprechen, EU-Unternehmen mehr Raum für Innovation und Wachstum zu geben.'

Cookie-Zustimmungs-Revolution

Eine der sichtbarsten Veränderungen betrifft die GDPR-Cookie-Regeln. Die Kommission schlägt vor, die Häufigkeit von Cookie-Zustimmungsbannern während des Surfens zu reduzieren und Nutzern zu ermöglichen, ihre Cookie-Präferenzen mit einem Klick über Browsereinstellungen zu speichern. Obwohl dies die Nutzererfahrung verbessern könnte, machen sich Kritiker Sorgen über die Auswirkungen auf die Datenschutzkontrolle.

Henna Virkkunen, Vizepräsidentin der Kommission für digitale Angelegenheiten, verteidigte den Ansatz: 'Unsere Regeln sollten keine Belastung, sondern einen Mehrwert sein. Dafür benötigen wir sofortige Schritte, um regulatorischen Ballast loszuwerden.'

AI Act Verzögerungen und Datentrainings-Bedenken

Der Vorschlag verlängert die Einhaltungsfristen für Hochrisiko-KI-Systeme unter dem AI Act bis Ende 2027, obwohl die Gesetzgebung erst im August 2026 vollständig anwendbar wurde. Noch kontroverser führt er eine neue rechtliche Grundlage für die Nutzung personenbezogener Daten zum Training von KI-Modellen über 'berechtigtes Interesse'-Bestimmungen ein, was Unternehmen möglicherweise erlaubt, Nutzerdaten ohne ausdrückliche Zustimmung zu verarbeiten.

Das italienische Europaabgeordnete Brando Benifei, Berichterstatter für den AI Act, äußerte ernste Bedenken: 'Einige der vorgeschlagenen Änderungen am Gesetz könnten letztendlich ein enormer Gefallen für Big Tech sein.'

Zivilgesellschaftlicher Widerstand

Mehr als 120 zivilgesellschaftliche Organisationen haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie warnen, dass die Vorschläge 'den größten Rückschritt für grundlegende digitale Rechte in der EU-Geschichte' darstellen. Der österreichische Datenschutzaktivist Max Schrems war noch direkter und nannte es 'den größten Angriff auf die digitalen Rechte der Europäer in Jahren.'

Die Kritik erstreckt sich auf den Gesetzgebungsprozess selbst. Laut noybs Analyse scheinen die Reformen eher von Unternehmenslobbyismus als von Bürgerinteressen getrieben zu sein, wobei Unternehmensakteure während der Entwurfsphase mehr Zugang hatten.

Politische Unterstützung und Opposition

Der Vorschlag hat Unterstützung von wichtigen europäischen Führungspersönlichkeiten erhalten. Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz und der französische Präsident Emmanuel Macron forderten kürzlich weniger Strenge in der digitalen Regulierung während eines Gipfels in Berlin über digitale Souveränität. Sloweniens Ministerin für digitale Transformation Ksenija Klampfer argumentierte, dass 'nur mit klaren Normen, intelligenten Investitionen und effektivem Bürgerschutz wir echte digitale Souveränität gewährleisten werden.'

Der ehemalige EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton, Architekt des AI Act, beschuldigte Washington jedoch, zu versuchen, EU-Digitalgesetze abzubauen, und warnte: 'Lassen Sie uns keine nützlichen Idioten sein.'

Big Tech Kontext

Der Deregulierungsvorstoß kommt inmitten anhaltender Spannungen zwischen Brüssel und großen Tech-Unternehmen. Die EU hat in den letzten Jahren erhebliche Geldstrafen gegen Tech-Giganten verhängt, darunter 500 Millionen Euro gegen Apple und 200 Millionen Euro gegen Meta für DMA-Verstöße Anfang dieses Jahres. Google hat seit 2017 mehrere Kartellstrafen in Höhe von Milliarden Euro erhalten.

Diese Unternehmen haben wiederholt geklagt, dass EU-Regulierungen zu restriktiv und wettbewerbsfeindlich seien. Der Digitale Omnibus stellt eine potenzielle Verschiebung in dieser Dynamik dar, obwohl Kommissarin Virkkunen behauptet, dass 'Vereinfachung nicht bedeutet, dass wir unsere Schutzmaßnahmen lockern. Wir stehen zu unseren hohen Standards für Datenschutz, Fairness und Sicherheit.'

Was Kommt Als Nächstes?

Die Kommission muss den Vorschlag nun mit dem Europäischen Parlament und dem Rat diskutieren. Die kommenden Monate werden bestimmen, ob Europas Versuch der regulatorischen Vereinfachung ihre digitale Souveränität stärkt, Spannungen mit globalen Tech-Giganten anheizt oder einen signifikanten Rückzug von ihrer Position als globaler Standardgeber für digitale Rechte darstellt.

Wie die bulgarische Europaabgeordnete Eva Maydell bemerkte: 'Europa kann sich kein digitales Regelwerk leisten, das Zeit, Talent und Chancen verschlingt. Der Digitale Omnibus ist unsere Chance, Gesetze wie ein Puzzle arbeiten zu lassen: effizient, konsistent und agil.' Die Frage bleibt, ob dieses Puzzle die Rechte der Bürger schützen oder gefährliche Lücken im digitalen Schutz schaffen wird.

William Lee

William Lee ist ein renommierter amerikanischer Journalist, der sich auf Justizangelegenheiten und Rechtsberichterstattung spezialisiert hat. Seine Arbeit bietet entscheidende Einblicke in das Justizsystem.

Read full bio →

You Might Also Like