Polnischer Gerichtshof blockiert Auslieferung von Nord-Stream-Verdächtigem

Polnisches Gericht verweigert Auslieferung des ukrainischen Verdächtigen Volodymyr Z. an Deutschland für Nord-Stream-Sabotage, urteilt dass es sich um militärische Aktion handelte. Entscheidung folgt ähnlicher Bewegung in Italien und spiegelt geopolitische Spannungen wider.

Polnischer Richter Lehnt Deutsches Auslieferungsersuchen für Nord-Stream-Verdächtigen Ab

Ein polnisches Gericht hat der deutschen Untersuchung zur Sabotage der Nord-Stream-Pipelines im Jahr 2022 einen schweren Schlag versetzt, indem es die Auslieferung des ukrainischen Verdächtigen Volodymyr Z. an deutsche Behörden verweigerte. Das Bezirksgericht in Warschau ordnete die sofortige Freilassung des 46-jährigen Verdächtigen an und urteilte, dass die mutmaßliche Sabotage eine militärische Operation in Kriegszeiten darstelle und keine kriminelle Handlung.

Juristischer Kampf um Pipeline-Sabotage

Das Urteil des Gerichts vom 17. Oktober 2025 bedeutet einen großen Rückschlag für deutsche Staatsanwälte, die den Verdächtigen zu den Explosionen im September 2022 vernehmen wollten, die drei der vier Nord-Stream-Pipelines unbrauchbar machten. Richter Dariusz Lubowski stellte fest, dass Deutschland nur "sehr allgemeine Informationen" über den Fall geliefert hatte und argumentierte, dass die mutmaßliche Sabotage als militärische Aktion betrachtet werden müsse.

Volodymyr Z., ein ausgebildeter Taucher, wurde im September 2025 in Polen festgenommen, nachdem er seit August 2024 der Verhaftung entgangen war. Deutsche Behörden behaupten, er sei Teil einer Gruppe gewesen, die eine Segelyacht aus Rostock mit gefälschten Dokumenten gemietet und Sprengstoff an den Pipelines in der Nähe der dänischen Insel Bornholm in internationalen Gewässern platziert habe.

Politische Implikationen und Reaktionen

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk begrüßte das Gerichtsurteil und schrieb auf der Social-Media-Plattform X: "Der Fall ist abgeschlossen. Das Problem war nicht, dass Nord Stream gesprengt wurde, sondern dass er überhaupt gebaut wurde." Tusk hatte zuvor argumentiert, dass die Auslieferung des Verdächtigen "nicht im Interesse Polens" liege.

Der Anwalt von Volodymyr Z. betonte, dass sein Mandant seine Unschuld aufrechterhalte. "Mein Mandant versteht nicht, warum Deutschland ihn beschuldigt. Er bekennt sich nicht schuldig und hat kein Verbrechen gegen Deutschland begangen", sagte der Anwalt vor der Verhandlung. Er führte weiter aus, dass Ukrainer nicht für Handlungen gegen Russland während des andauernden Konflikts verfolgt werden sollten.

Internationale Juristische Komplexitäten

Dieses Urfolgt folgt einer ähnlichen Entscheidung des italienischen Obersten Gerichtshofs Anfang Oktober 2025, der die Auslieferung eines anderen ukrainischen Bürgers, Serhii Kuznetsov, der von Deutschland wegen verwandter Anklagen gesucht wurde, aufhob. Das Gericht bezweifelte die rechtliche Grundlage für die Verhaftung und ordnete eine erneute Behandlung des Falls an.

Die Nord-Stream-Pipelines, bestehend aus Nord Stream 1 und Nord Stream 2, waren dafür konzipiert, Erdgas von Russland nach Deutschland durch die Ostsee zu transportieren. Die Sabotage fand statt zu einem Zeitpunkt, als keine der Pipelines aufgrund politischer Spannungen nach der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 aktiv Gas transportierte.

Geopolitische Kontext

Polen war stets gegen das Nord-Stream-Projekt und argumentierte, dass es Europa zu abhängig von russischem Gas mache und den Einfluss Moskaus in der Region vergrößere. Die Pipeline-Explosionen ereigneten sich einen Tag bevor Polen und Norwegen die Baltic Pipe eröffneten, die Gas aus der Nordsee statt aus Russland liefert.

Deutsche Ermittler haben zuvor sieben ukrainische Verdächtige in dem Fall identifiziert, darunter ehemalige Mitglieder einer privaten Tauchschule in Kiew. Sie haben jedoch keine direkte Beteiligung der ukrainischen Regierung behauptet. Die Untersuchung sieht sich weiterhin mit komplexen rechtlichen und diplomatischen Herausforderungen in mehreren europäischen Ländern konfrontiert.

Das Gerichtsurteil unterstreicht die anhaltenden Spannungen zwischen europäischen Ländern darüber, wie mit Angelegenheiten umzugehen ist, die mit dem Ukraine-Konflikt zusammenhängen, und wirft Fragen über die Zukunft der internationalen Zusammenarbeit bei der Untersuchung der Nord-Stream-Sabotage auf.

Sara Johansson

Sara Johansson ist eine preisgekrönte schwedische Journalistin, die für ihre eindringlichen Langform-Reportagen über Klimawandel und kulturelles Erbe bekannt ist. Sie unterrichtet erzählenden Journalismus an der Universität Lund.

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