Die Niederlande, Spanien, Irland und Slowenien ziehen sich aus dem Eurovision Song Contest 2026 zurück, um gegen die israelische Teilnahme zu protestieren. Es handelt sich um den größten Boykott in der Geschichte des Wettbewerbs, der durch die Kontroverse um den Gaza-Krieg ausgelöst wurde.
Großer Boykott des Song Contests nach Rückzug mehrerer Länder
In einer dramatischen Entwicklung, die Europas beliebtesten Musikwettbewerb zu zerreißen droht, hat die Niederlande angekündigt, nicht am Eurovision Song Contest 2026 teilzunehmen. Der Rundfunkveranstalter AVROTROS gab dies nach einer kontroversen Sitzung der Europäischen Rundfunkunion (EBU) in Genf bekannt, bei der die Teilnahme Israels trotz der anhaltenden Kontroverse um den Krieg in Gaza bestätigt wurde.
Die Niederlande schließen sich Spanien, Irland und Slowenien in dem größten koordinierten Boykott der 70-jährigen Geschichte des Song Contests an. Die Rückzüge stellen eine ernsthafte Herausforderung für das traditionelle 'United by Music'-Ethos des Wettbewerbs dar und zeigen, wie geopolitische Spannungen zunehmend auf kulturelle Veranstaltungen übergreifen.
AVROTROS bezieht Stellung
AVROTROS-Direktor Taco Zimmerman erläuterte die schwierige Entscheidung in einer emotionalen Erklärung: 'Der Song Contest ist uns sehr wertvoll. Kultur verbindet, aber nicht um jeden Preis. Das, was im letzten Jahr passiert ist, berührt unsere Grenzen. Universelle Werte wie Menschlichkeit und freie Presse wurden schwer verletzt und sind für uns nicht verhandelbar.'
Der niederländische Sender führte umfangreiche Konsultationen mit Stakeholdern durch, darunter der israelische Botschafter, Amnesty International, die EBU, europäische öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und Tausende von Song-Contest-Fans, bevor er zu dieser Entscheidung kam. Laut Zimmerman 'wurde diese Entscheidung nicht überstürzt getroffen. In dieser Situation gibt es nur Verlierer.'
Die Niederlande haben seit 1956 65 Mal am Song Contest teilgenommen und fünf Mal gewonnen, zuletzt 2019 mit Duncan Laurences 'Arcade'. Obwohl AVROTROS nicht am Song Contest 2026 teilnehmen oder ihn übertragen wird, können niederländische Zuschauer die Veranstaltung weiterhin über den Sender NPO verfolgen.
Spanien führt Boykottbewegung an
Der Rückzug Spaniens ist ein besonders schwerer Schlag für den Wettbewerb. Als einer der 'Großen Fünf' großen finanziellen Beitragszahler qualifiziert sich der spanische öffentlich-rechtliche Sender RTVE automatisch jedes Jahr für das Finale. Ihr Abgang bedeutet den Verlust eines der beständigsten und einflussreichsten Teilnehmer des Song Contests.
Irland, das mit sieben Siegen den Rekord für die meisten Song-Contest-Siege hält, hat ebenfalls seinen Rückzug bestätigt. Der irische Sender RTÉ erklärte, er 'wird nicht am Song Contest 2026 teilnehmen oder ihn übertragen'. Slowenien hat sich dem Boykott angeschlossen, während Island und Belgien ihre Position noch überdenken.
Tiefe Spaltung bei EBU-Sitzung
Die EBU-Sitzung in Genf war von intensiven Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedssendern geprägt. Nach Angaben von Quellen waren mehrere Länder, darunter Deutschland und Österreich, vehement gegen jeden Boykott Israels. Der österreichische Sender ORF, der den Song Contest 2026 in Wien ausrichten wird, argumentierte, dass angesichts der eigenen Kriegsvergangenheit Österreichs ein Ausschluss Israels aus dem Liederwettbewerb undenkbar sei.
Deutschland nahm Berichten zufolge eine ähnliche Position ein, wobei Quellen angaben, das Land würde nicht teilnehmen, wenn Israel ausgeschlossen würde. Letztendlich fand keine formelle Abstimmung über die Teilnahme Israels statt, wodurch ihre Teilnahme für 2026 effektiv bestätigt wurde.
Regeländerungen inmitten der Kontroverse
Als Reaktion auf die Kontroverse hat die EBU wichtige Änderungen der Abstimmungsregeln für den Song Contest 2026 angekündigt. Laut offiziellen EBU-Ankündigungen umfassen die Änderungen:
- Reduzierung der Publikums-Stimmengrenzen von 20 auf 10 Stimmen pro Zahlungsmethode
- Rückkehr der professionellen Jurys zu den Halbfinals mit erweiterten Gremien
- Klärere Regeln zur Eindämmung 'übermäßiger' Werbekampagnen
- Verbesserte technische Sicherheitsmaßnahmen zur Erkennung betrügerischer Stimmabgaben
Diese Maßnahmen sollen Bedenken hinsichtlich politischer Einflussnahme und Stimmmanipulation angehen, die bei jüngsten Ausgaben aufgekommen sind.
Historischer Kontext und zukünftige Implikationen
Dieser Boykott stellt die bedeutendste politische Krise im Song Contest seit dem Ausschluss Russlands nach der Invasion der Ukraine 2022 dar. Die aktuelle Situation ist jedoch komplexer, da mehrere zurückziehende Länder beteiligt sind und nicht nur ein einzelner Ausschluss.
Die Kontroverse unterstreicht die zunehmende Schwierigkeit, die traditionelle Trennung zwischen Politik und Musik im Song Contest aufrechtzuerhalten. Wie The New York Times berichtete, werden kulturelle Veranstaltungen zu Arenen politischer Meinungsäußerung auf eine Weise, die ihren ursprünglichen Zweck in Frage stellt.
Mit dem für Mai 2026 in der Wiener Stadthalle geplanten Song Contest stehen die Organisatoren nun vor der Herausforderung, eine Veranstaltung zu organisieren, die mehrere wichtige Teilnehmer verloren hat. Die Rückzüge werfen Fragen auf, ob sich weitere Länder dem Boykott anschließen werden und wie die EBU in zukünftigen Ausgaben diese komplexen geopolitischen Gewässer navigieren wird.
Die Situation bleibt dynamisch, wobei Sender aus 32 Ländern vorläufig ihre Teilnahme an 2026 bestätigt haben, während Bulgarien, Moldawien und Rumänien nach jüngsten Abwesenheiten zurückkehren. Wie sich dieser beispiellose Boykott auf die Einschaltquoten auswirken wird, die weltweit typischerweise etwa 160 Millionen Menschen erreichen, bleibt abzuwarten.
Nederlands
English
Deutsch
Français
Español
Português