Provokante Berliner Rapperin bringt 'Fotzenstyle'-Feminismus auf niederländische Bühne
Die Gänge des TivoliVredenburg in Utrecht werden heute Abend mit deutschen Schimpfwörtern widerhallen, wenn Berlins selbsternannte 'größte Fotze der Welt', Rapperin Ikkimel, ihr niederländisches Debüt gibt. Die Show war innerhalb eines Tages ausverkauft, was die explosive Anziehungskraft der 28-jährigen Künstlerin über deutsche Grenzen hinaus beweist.
Zurückeroberung frauenfeindlicher Sprache
Ikkimel, deren echter Name Melina Gaby Strauss ist, hat laut einigen eine neue Welle der deutschen MeToo-Bewegung mit ihrer provokanten Musik ausgelöst. Ihr Debütalbum Fotze aus 2025 und ihr selbstbeschriebener 'Fotzenstyle' haben das Publikum polarisiert, während sie junge Frauen in ganz Europa empowern.
'Wenn Männer abfällig über Frauen reden, ist das nichts Besonderes, aber wenn eine Frau es tut, fällt es plötzlich auf,' sagt Musikjournalistin Antonia Kienast vom Jugendsender Fritz. 'Sie dreht das Spiel um.'
Die in Berlin geborene Künstlerin, die Sprachwissenschaften an der Freien Universität Berlin studierte, beansprucht bewusst abwertende Begriffe wie Fotze, Schlampe und Hurensohn zurück, die traditionell zur Herabwürdigung von Frauen verwendet wurden. 'Ikkimel eignet sich das Wort an, indem sie es oft und gezielt als Empowerment einsetzt. Jetzt bedeutet es so etwas wie 'freche Frau',' erklärt Kienast.
Auftritt als feministische Parodie
Ikkimels Konzerte sind geprägt von sogenannten 'Frauen-only Moshpits', Champagner-Duschen und einem Käfig auf der Bühne, in dem männliche Besucher vorübergehend eingesperrt werden. Ihre Auftritte mischen Hiphop mit Berliner Techno, mit provokanten Texten über Drogen, Sex und was sie 'Männer unterdrücken' nennt.
'Es ist so übertrieben, dass man versteht, dass es eine Parodie ist,' analysiert Kienast Ikkimels explizit sexuelle Präsentation. 'Wenn sie singt, dass sie urdumm ist, spielt sie mit dem Klischee, dass dumme Frauen besser im Bett sind.'
Die Fanbase der Rapperin besteht hauptsächlich aus jungen Frauen, die sich ermutigt fühlen, sich so zu kleiden, wie sie wollen, oft in superkurzen Röcken und durchsichtigen Oberteilen. 'Als Frau fühlt man sich nach einem Ikkimel-Konzert stärker,' bemerkt Kienast, was die grenzüberschreitende Anziehungskraft der Künstlerin erklärt.
Teil einer größeren deutschen feministischen Rap-Bewegung
Ikkimel steht nicht allein in ihrer Herausforderung der von Männern dominierten deutschen Rap-Szene. Sie ist Teil einer wachsenden Bewegung mit Künstlerinnen wie Shirin David und Loredana, wenn auch nicht ohne Kontroversen. Jüngste Fehden sind darüber ausgebrochen, was echten Feminismus im deutschen Rap ausmacht, wobei Loredana kritisiert, was sie 'oberflächlichen Feminismus' in Songs wie Ihr Möchtegern nennt.
Die Berliner Rapperin Ikkimel mischte sich in den Konflikt ein, indem sie Partei für Shirin David ergriff und andeutete, dass Loredana ihre eigenen Texte nicht schreibt. 'Provozieren funktioniert nur mit bestimmten Körpern,' sagte Hiphop-Expertin Heidi Süss gegenüber dem SWR und wies darauf hin, dass Künstlerinnen of Color in Deutschlands Mainstream-Musikindustrie oft vor verschlossenen Türen stehen.
Vom persönlichen Drama zur musikalischen Revolution
Ikkimels Weg zur Musik begann nach persönlichem Drama. 'Zu Beginn der Corona-Pandemie starb mein Vater an Blutkrebs. Nach Jahren der Pflege war das der Punkt, an dem ich dachte, man lebt nur einmal, also scheiß ich auf alles und mache einfach, was mir Freude bereitet,' erklärte sie in einem Interview.
Ihre Kollaboration von 2023 mit Ski Aggu bei Deutschland erreichte über 20 Millionen Streams, und ihr Album Fotze aus 2025 erhielt kritischen Beifall für seine radikale weibliche Perspektive. Das Album bezieht sich in Inhalt und musikalischem Design auf andere feministische Musikerinnen wie Lady Bitch Ray, SXTN und Shirin David.
Internationaler Erfolg und Kontroverse
Das heutige Konzert in Utrecht hat Fans aus ganz Deutschland angezogen, darunter aus Hamburg, Berlin und Wien. 'Vermutlich Fans, die ihr hinterherreisen, um sie in einer relativ intimen Halle zu sehen,' sagt Programmierer Brent Oostrum vom TivoliVredenburg.
Die Show verspricht wild zu werden, laut Kennern von Ikkimels Auftritten. 'Ein bisschen vulgär, mit viel Nacktheit und Verrücktheit,' prophezeit Kienast.
Ikkimels Bewegung hat laut einigen einen 'sicheren Raum' für Opfer sexueller Gewalt geschaffen, um Erfahrungen über soziale Medien-Trends zu teilen, die von ihrer Musik inspiriert sind. Ihr Song Who's That wurde 2025 zu einem kulturellen Phänomen, bei dem Frauen auf TikTok und Instagram dazu inspiriert wurden, Erfahrungen mit Missbrauch über Lip-Sync-Videos mit der Zeile 'But you do, you son of a bitch.' zu teilen.
Während Deutschland mit alarmierenden Statistiken zu geschlechtsspezifischer Gewalt kämpft – wo alle 3 Minuten eine Frau häusliche Gewalt erlebt und nur 14% der Fälle bei der Polizei gemeldet werden – verwandelt Ikkimels Werk individuelles Trauma in kollektive Solidarität.
Ob es nun als bahnbrechende feministische Kunst oder provokante Performance gesehen wird, Ikkimels niederländisches Debüt markiert einen neuen Meilenstein in ihrer Mission, patriarchale Normen durch unverhohlene Selbstexpression herauszufordern.